Jeder kennt im Bekanntenkreis einen oder mehrere Hunde, die an der Leine ziehen. Vielleicht ist es sogar der eigene Hund. Da hängt der Halter mit ausgestrecktem Arm und straffer Leine hinter dem Hund, der bestimmt, wo es lang geht und in welchem Tempo. Einerseits ein amüsantes Bild, aber es ist weder für den Menschen, noch für den Hund ein entspannter Spaziergang.
Dass in solch einem Falle an der Leinenführigkeit gearbeitet werden sollte, ist für jeden nachvollziehbar und verständlich, will man doch nicht permanent von seinem Hund durch die Gegend gezogen werden.
Es gibt neben der im doppelten Sinne angespannten Situation aber noch einen wirklich wichtigen Grund, weshalb man unbedingt an dieser Situation arbeiten sollte:
Wenn der Hund am Halsband geführt und man sich die Anatomie des Halses anschaut, wird schnell klar, dass der permanente Zug und Druck nicht gesund sein kann.
Vergleich Hals des Hundes vs. Mensch sinnvoll?
Anatomisch liegen, wie bei uns Menschen, Luftröhre, Speiseröhre, Hals und Lymphgefäße an der gleichen Stelle, lediglich der Kehlkopf liegt wesentlich höher. Grundsätzlich kann man sich deshalb vorstellen, dass Druck am Hals mehr als unangenehm ist.
Was passiert bei dem Einschnüren des Halses?
Hängt sich ein Hund in die Leine/in das Halsband entsteht ein Druck im gesamten vorderen Bereich des Halses, wo das Halsband aufliegt. Je breiter ein Halsband ist, desto flächiger kann sich der Druck verteilen, heißt im Umkehrschluss: je schmaler das Halsband, desto punktueller der Druck und massiver der Einschnitt.
Das heißt Luftröhre, Speiseröhre, Blut und -Lymphgefäße, Muskeln und selbst die Halswirbel sind massiv betroffen.
Sie Symptome einer permanenten Belastung in diesem Bereich sind vielfältig: Schwindel, Sehstörungen, Übelkeit, Tinnitus, Probleme in der Beweglichkeit der Halswirbelsäule. Als Folge von Problemen in der Halswirbelsäule können:
- Konzentrations- und Wahrnehmungsprobleme
- Kopfschmerzen
- Probleme im Kiefer und Gesichtsbereich
- Nervosität
- Müdigkeit
- Aggressivität
- Lahmheit/Bewegungsprobleme in den vorderen Gliedmaßen auftreten.
Aber nicht nur gesundheitlich hat das permanente Ziehen weitreichende Folgen. Die Psyche und die Kommunikation mit dem Halter leidet ebenfalls massiv.
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Illustration: Anne Corless, all images (C) Dog Games Ltd
Was ist mit dem sogenannten Leinenruck?
Dieser ist in Bezug auf die Verletzungsgefahr der Organe als hochkritisch und noch gefährlicher zu sehen und das aus gleich mehreren Gründen.
1. Da der Leinenruck für den Hund oft ohne Vorankündigung kommt, sind in dem Moment meist die Halsmuskeln nicht anspannt, und somit wirkt der gesamte Druck ungeschützt und direkt auf alle Organe.
2. Der Leinenruck geschieht oft aus einer völlig anderen Position und wird in andere Richtung ausgeführt (es wird nach oben, nach unten oder schräg gezogen).
3. Oft wird der Leinenruck aus einer Emotion heraus durchgeführt, weshalb er häufig massiv ausfällt. Das heißt in dem Moment ist die Gewalteinwirkung auf den Hals um ein Vielfaches höher, als wenn der Hund mit seinem Gewicht stetig im Halsband/in der Leine hängt.
4. Ein kurzer und massiver Leinenruck birgt ein viel höheres Risiko für weitreichende und schwerwiegende Verletzungen.
Warum sind einige Hunde förmlich "abgestumpft"?
Da Hunde am Hals viel mehr Muskeln haben, sind sie auch in der Lage diese zu "trainieren". Bei permanentem Zug wird an der Stelle Muskulatur aufgebaut und sie werden so "unempfindlicher".
Halsband nur bei Leinenführigkeit?
Kurz und knapp: Ja
Man sollte möglichst auf ein Halsband verzichten, wenn der Hund nicht leinenführig ist. Es entspannt zudem die Situation zwischen Hund und Halter und gibt beiden Seiten die Möglichkeit, ohne Druckinstrumente an der Kommunikation zu arbeiten - in dem Falle an der Aufmerksamkeit des Hundes Richtung Mensch.
Deine Jennifer Holst